Vipernstern
Ich war erst spät nach einem Training mit Aalpfote wieder ins Lager zurückgekehrt und war direkt in meinem Bau verschwunden, wo ich mir noch mal meinen morgigen Plan durch den Kopf gehen ließ. Ich würde Morgen Tüpfelmaske offiziell im Clan aufnehmen - und ihre Jungen ebenso, mit ihren offiziellen Schülernernennungen. Mentoren hatte ich bereits entschieden, darunter meine Mutter, immerhin hatte ich ihr einen Schüler versprochen und sie sollte neben Falterpfote noch einen frischen bekommen. Das würde sie hoffentlich erfreuen und ich wusste, dass sie einen guten Sturmclaner aus dem Knirps machen konnte.
Und so schlief ich guten Gewissens ein, mit der Erwartung eines weiteren, normalen Tages voraus.
Ich erwachte in der kühlen Frühe und ich begab mich rasch nach Draußen, um mich zu strecken, bevor ich den Hochstein herabsprang. Ein leichter Nebel zierte den Morgen und es wirkte friedlich, wenn auch ein wenig... beklemmend.
Während ich dem Clan beim Aufwachen zusah, merkte ich, dass sich etwas im Kriegerbau tat. Eine gewisse... Unruhe, ein vager Tumult um etwas. Ich schnaubte leise, hoffentlich war Tüpfelmaske keinem auf die Pfoten getreten, einen weiteren Streit über sie würde mir so gar nicht in den Kram passen.
Also erhob ich mich auf die Pfoten und trottete zum Bau rüber, pausierte gar nicht am Eingang und trat direkt ein - bevor ich auch überhaupt fragen konnte, was los ist, sah ich die zwei Gestalten, die zusammenlagen und ein paar Katzen, die sich um sie versammelt hatten. Meine... Eltern. Und sie waren still, zu still.
Kurz zögerte ich, meine Gefühle unlesbar, bevor ich näher an sie herantrat und mich hinhockte. Ich erwartete, dass sich Dimensionenspiegel regte, dass sie mit Trauer zu mir aufschauen würde, doch... nichts. Ich hatte erwartet, dass mein Vater es möglicherweise nicht schaffen würde, zu lange war seine Kraft über die Zeit geschwunden - doch meine Mutter, sie war kräftig und gesund gewesen, ich hatte erst letztens noch mit ihr gesprochen, ihr einen Schüler versprochen! Das... das konnte doch nicht sein, es müsste ihr gut gehen!
Ich drückte die Schnauze an ihren Kopf, als ob ich sie dazu motivieren wollte, aufzuwachen. Doch... nichts. Und so sehr ich es auch geleugnet hätte, ich wusste genau, sie war tot.
Ich setzte mich auf und starrte mit leerem Blick auf meine Eltern herab. Ich hatte Geschwister verloren, meine eigenen Jungen, doch sie waren jung gewesen, nie hatte ich sie lange kennenlernen dürfen. Dies war anders, meine Eltern waren mein ganzes Leben da gewesen und tief in mir machte sich eine Trauer breit, die ich bisher noch nie erfahren hatte. Sie waren... fort, einfach so, nach all der langen Zeit.
Ich... wusste nicht mit diesen Gefühlen umzugehen und für nur einen kurzen Moment schien es, als ob ich gleich zusammenbrechen würde. Doch ich sammelte mich und blockte alles ab, was ich grad fühlte. Ohne ein Wort erhob ich mich und hob meine Mutter sanft, als ob ich ein Junges trug, am Nackenfell auf und brachte ihren Körper raus zur Mitte des Lagers. Mein Vater wurde von einer weiteren Katze ebenfalls hergebracht, auch wenn ich komplett ausblendete, wer es war. Gerade nahm ich nicht viel mehr wahr, als meine Eltern und mich selbst.
[--> Hochstein]