Wie aufregend es doch war, neue Gebiete zu erkunden, unbekannte Pfade zu betreten, auf neue Katzen zu treffen oder vor drohenden Gefahren zu fliehen - das Adrenalin schoss wie ein Feuerwerk durch seine Adern, sodass sein Herz in den Ohren dumpf pochte und die Welt um ihn herum in ein pulsierendes Rauschen verwandelte. Doch selbst das größte Abenteuer hatte irgendwann ein Ende verdient, nicht wahr? Nicht, dass Ash alt war, doch seine Ballen waren auf dem harten Boden bereits verhärtet vom ständigen Laufen, das er nur durch kurze Pausen unterbrach - so wie jetzt. Wäre nicht der plötzliche Platzregen gewesen, der ihn aus seinem Schutz unter den Büschen vertrieben hatte. Jetzt war sein langes, zerzaustes Fell halb nass, das Wasser perlte in kleinen Tropfen daran herab und trocknete nur langsam. Das unangenehme, klebrige Gefühl, das es hinterließ, war nervig, doch wenigstens hatten sich die Wolken verzogen, und die Sonne strahlte goldene Lichtstrahlen auf das glänzende Gras und das Dickicht, durch das sich der getigerte Kater vorsichtig schob.

Einerseits war er dankbar für das zwitschernde Konzert der Vögel, das den Raum erfüllte, und von irgendwoher rauschte leise ein Bach, dessen sanftes Plätschern seine Gedanken zu beruhigen schien - eigentlich schwiegen sie nie ganz. Nein, niemals, seit er das schreckliche Ende seiner Familie miterlebt hatte. Seitdem war er allein unterwegs, auf ewig wachsam, immer auf der Hut.

Ash blieb nun abrupt stehen, als das verlockende Aroma hinter ein paar Farnwedeln seine Nase erreichte. Es war scharf und nah, ließ ihn die Augen aufmerksam zusammenkneifen, während seine bernsteinfarbenen Irise das Dickicht durchmusterten. Er suchte nach einer kleinen, grauen oder gar braunen Gestalt, die sich vor ihm verstecken musste, um dem Raubtier zu entkommen. Ohne Umschweife duckte er sich, der Wind streichelte sanft sein zerzaustes Fell, und mit geschmeidigen Bewegungen schlich er von der anderen Seite des Luftzuges an seine Beute heran. Glücklicherweise war die Maus dicklich. Essen zu finden war im Moment nicht schwierig, im Gegensatz zur Blattleere. Bisher war sein Körper nicht der Wohlgenährteste. Unter seinem dichten Fell spiegelten sich die abgehärteten Muskeln, die vom Training zeugten, und Narben, die sich in sein Fell eingegraben hatten. Seine Rippen zeichneten sanfte Konturen unter der Haut – ein Zeichen dafür, dass er sich stets mit dem Wenigen, was er hatte, begnügen musste.

< @Ash >
Wie lange war es nun her, dass er die vertrauten Gefilde hinter sich gelassen hatte? Sich gegen die unnachgiebigen Regeln gestellt hatte, die man ihm seit Jungenalter an eingetrichtert hatte? Einen Mond? Zwei? Es kam Altair wie eine halbe Ewigkeit vor, und doch wusste er, anhand der vorbeiziehenden Sonnenauf- und Untergängen, dass es ein unerheblicher Zeitraum war. Einer, der gerade mal an den einer Trainingsphase herankam. Erbärmlich, schnauzte er sich selbst gedanklich an. Erbärmlich, dass er noch immer das Gefühl hatte, wie ein Junges zwischen ihren Pfoten zu sitzen. Unsicher und doch fest entschlossen, sich nichts anmerken zu lassen. Seine Familie stolz zu machen. ‘Denk dran, Altair’, hörte er die Worte seines Vaters, ‘du bist nur so viel, wie du zu ertragen vermagst’.

Hah. Als hätte er auch nur den Hauch einer Vorstellung gehabt, was das für ihn bedeuten würde. Naiver, unwissender Altair; das war es, was seine Schwester mit ihren mitleidigen Blicken ausdrücken wollte, nicht wahr? Verborgen vor den Augen seiner Eltern und älteren Brüder, hatte er ihre einfühlenden Blicke stets gehasst. Schließlich durfte ‘Blut nie das Antlitz der Schwäche tragen’. Was für ein Idiot er war.

Die Augen starr noch vorne gerichtet, hatte Altair den kühlen Schauer mit prickelnden Körnern ignoriert, der auf seinen Pelz fiel, während er die Nacht zum Tag machte und einfach weiterlief. Weg von seiner Familie und jenen unsäglichen Traditionen. Wie viele Stunden das nun schon so ging, wusste er nicht. Wen interessiert es schon.

Der Ablauf beim Jagen einer Maus war für Ash stets eine gewisse Routine. Mit ruhiger Präzision verteilte er sein Gewicht gleichmäßig auf alle vier Pfoten, die Zehen vorsichtig auf den Boden setzend, um keinen Laut zu verursachen. Sein buschiger Schweif hing nur knapp über den Boden, als würde er seine Balance halten. Ein tiefes, eindringliches Knurren entwich seinem Magen, während die muskulösen Schultern des braunen Tigerkaters sich anspannten, bereit für den Angriff. Seine Zunge blitzte kurz auf, schob sich über die Lippen - ein Zeichen seiner Konzentration. Ohne zu zögern, schoss Ash durch das Dickicht, seine Bewegungen flink und zielgerichtet. Blindlings schnappte er nach einem vermeintlich warmen Körper, seine scharfen Zähne fanden ihr Ziel, während ihm herrlich das Blut auf die Zunge trat.

Kurz darauf tauchte er wieder aus dem Laub hervor, die Zweige und Blätter schmückten seinen dunkelgetigerten Pelz, und ein zufriedenes Knurren glitt aus seiner Kehle. Doch plötzlich spannte sich sein Körper an, die Sinne geschärft, als ein fremder Geruch in seine Nase drang. Zwischen dem Duft von frischem Blut und feuchtem Laub war eindeutig eine Katze in seiner Nähe - das ließ jede Alarmglocke in seinem Inneren schrillen und brachte seine Muskeln automatisch in eine defensive Haltung. Die Kätzin, die zwischen den grünen Blättern und braunen Ästen verborgen war, war kaum zu übersehen. Ash wusste sofort, dass sie eine seiner Art sein musste. Er war im Kampf eindeutig überlegen, doch seine Aufmerksamkeit war geweckt.

Moment, waren das lila Augen? Nicht mal hellblau, sondern eine seltsame, ungewöhnliche Farbe, die sofort ins Auge stach. Wie auch immer, diese lilaäugige Fremde sollte sich auf etwas gefasst machen, falls sie vorhatte, seine Beute zu stehlen. Ash rührte sich nicht, blieb stocksteif und wachsam, seine Augen fest auf die Gestalt gerichtet, als wollte er sie mit seinen Blicken durchbohren. Ach, wie lächerlich musste er aussehen - mit halbnassem, zerzaustem Fell, in dem so manches herumlag. Doch er war bereit, falls es zum Kampf kam. Seine Muskeln waren gespannt, seine Sinne auf Höchstleistung - um auf alles vorbereitet zu sein.

< @Ash >
Seine Augen brannten, aber Altair ignorierte das Gefühl, wie er so Vieles dieser Tage ignorierte. Er konzentrierte sich einfach darauf, eine Pfote vor die andere zu setzen, weiterhin Abstand zu gewinnen. Sein Magen grummelte kläglich; er hatte bereits viel zu lange nichts mehr zwischen die Zähne bekommen, obwohl er ein begnadeter Jäger war. Ihm fehlte es einfach an Motivation. Zumindest was das Fressen ablangte. Gerade zählten nur die Katzenlängen, die er zurücklegte.
Seiner Verfassung war es geschuldet, dass er den riesigen Kater zu seiner Linken nicht mitbekam. Dass er einfach, scheinbar vollkommen gleichgültig, an diesem vorbeispazierte, ohne ihn auch nur eines Blickes zu würdigen.

[@Altair]
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Huch. Ash war nicht der Typ dafür, sich für andere zu interessieren oder gar das Gespräch zu suchen - schon gar nicht mit einer äußerst desinteressierten Katze, deren Zustand bei ihm kein Mitleid hervorrief.

Und doch war es erstaunlich, dass dieser Fremde keinen Streit vom Zaun brach. Hatte er überhaupt bemerkt, dass er nicht allein war? Bei Ash’ imposanter Größe, den durchdringenden, bohrenden Augen und der kleinen Maus, deren warmes Fleisch noch den süßen Duft verströmte, schien das kaum möglich.

Der braune Tigerkater zuckte lässig mit den Schultern, doch seine Aufmerksamkeit blieb wachsam auf den Streuner gerichtet. Dieser schien ehrlich gesagt kaum etwas um sich herum wahrzunehmen - als hätte er nur seine eigene Welt im Blick. Ein interessanter Geselle.

Wo mochte er nur hingehen?

< @Ash >
Irgendetwas kitzelte ihm in der Nase; ein vertrauter Geruch, der ihm das Wasser im Maul zusammenlaufen ließ. Seine Lefzen kräuselten sich nach oben, verärgert über die eigene Schwäche. War es nun schon so weit gekommen, dass er Halluzinationen ausgesetzt wurde, weil er so lange nichts mehr gefressen hatte? Unglaublich. Altair schnaubte, unbeeindruckt mit sich selbst, deswegen aber nicht minder entschlossen, sein Ziel zu erreichen. Irgendwo hier sollte diese Gemeinschaft leben, von der seine Familie mit solcher Verachtung gesprochen hatte und der Altair sich anschließen wollte. Hoffentlich erfolgreich. Er wusste ehrlich nicht, was er machen sollte, wenn man ihn ablehnte.
Zurück nach Hause? Auf gar keinen Fall. Dann würde er lieber den Rest seines Lebens die Abfälle in Mülltonnen durchsuchen, um sich irgendwie durch den Winter zu bringen. Die restlichen drei Jahreszeiten konnte er ganz normal Jagen. Ein einsamer Gedanke, ja, aber allemal besser als die Alternative.